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Veranstaltungsbericht Kommunales Wohnungsbaugespräch

Kommunaler Wohnungsbau in Nordschwaben: Ein Aufruf zur Handlungsfähigkeit

Bauinnung fordert Verlässlichkeit bei den Förderungen und Abbau der Vorschriften

Nördlingen. „Im Jahr 2025 werden wir mit 20.000 Bauvorschriften konfrontiert sein, im Jahr 2000 waren es nur 5.000“, kopfschüttelnd nennt Wolfram Uhl, Obermeister der Bauinnung Nordschwaben diese beiden Zahlen. In seiner Begrüßung zum Kommunalen Wohnungsbaugespräch, zu dem die Bauinnung Nordschwaben in Kooperation mit dem Landkreis Dillingen und dem Bayerische Ziegelindustrieverband eingeladen hatte, schilderte Uhl eindrücklich die aktuelle Lage in der nordschwäbischen Baulandschaft. „Bereits 2024 hatten wir mit stark gestiegenen Materialpreisen, hohen Zinsen sowie dem Wegfall von Fördermitteln zu kämpfen. Derzeit ist die Förderung des Wohnungsbaus so gering wie nie zuvor und das verunsichert viele Bauwillige massiv“, erklärte Uhl. Ein zentrales Problem sei auch die überbordende Bürokratie: „Wir müssen die Vorschriften entschärfen und die Standards auf ein erschwingliches Niveau bringen.“ Rund 70 Gäste, darunter Unternehmen aus der regionalen Baubranche und Kommunalpolitiker, versammelten sich, um über die drängenden Herausforderungen und Chancen im Wohnungsbau zu diskutieren.

In ihren Grußworten unterstrichen die Landräte Stefan Rößle (Donau-Ries) und Markus Müller (Dillingen) die immense Bedeutung von bezahlbarem Wohnraum für die Region. „Auch wenn wir bei der Kaufkraft bundesweit auf Platz 7 liegen, überlegen sich die Menschen, ob sie so viel Geld in die Hand nehmen und bauen wollen“, so Rößle. Der kommunale Wohnungsbau liege zwar nicht in der Zuständigkeit der Kreise, doch Wohnungen werden gebraucht. Laut Landrat Müller fehlen im Landkreis Dillingen speziell kleinere Wohnungen. „Nur 5% des Gesamtbestandes sind bei uns Ein- oder Zweizimmerwohnungen. Der Markt ist heiß umkämpft“, berichtete er. Zudem seien die Förderungen in seinem Landkreis stark zurückgegangen, weil den Bauwilligen das Vertrauen in die Verlässlichkeit fehle. „So wird gewartet und gewartet und nicht gebaut,“ resümierte Müller.

Kurswende in der Baupolitik gefordert

Ein besonders aufschlussreiches Impulsreferat hielt Ulrich Lange, Mitglied des Bundestages und im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen. Er zeigte schonungslos auf, wo die Defizite im Wohnungsbau liegen. „Wir sind von den politischen Zielen meilenweit entfernt. 2024 werden wir auf rund 250.000 neu gebaute Wohnungen kommen, in diesem Jahr werden es sogar noch weniger sein – nämlich 200.000. Das ist der niedrigste Wert seit der Finanzkrise“, warnte Lange. Auch in Bayern fehlen rund 200.000 Wohnungen. Angesichts der Tatsache, dass kein Bundeshaushalt verabschiedet wurde, sei 2025 für den Bau ein verlorenes Jahr.

„Die Förderprogramme müssen durchfinanziert sein und dürfen nicht nach dem Windhundprinzip vergeben werden. Die Fördertopfe müssen ordentlich gefüllt und ausgestattet sein. Es geht um Verlässlichkeit für die Bauwilligen“, forderte Lange. Der Wegfall des Wohnkindergelds „ein Superprogramm“, habe zu massiven Einbrüchen im Wohnungsbau geführt. Gerade auf dem Land sei der Wille zu bauen und Wohneigentum zu schaffen vorhanden, jedoch seien die Hürden, insbesondere bei den Standards, zu hoch.

Steuerliche Anreize wichtig

„Es braucht dringend mehr steuerliche Anreize für Bauwillige“, so Lange weiter. So müsse ein altersgerechter Umbau gefördert werden. Auch sollten die Sanierungskosten für Bestandsgebäude von der Erbschaftssteuer absetzbar sein. Das wäre ein weiterer Anreiz, dass Erben von Immobilien, diese auch erhalten. Bauexperte Lange hatte noch weitere Vorschläge parat: „Ich plädiere dafür „haushaltsunabhängiges Geld“ wie die Einnahmen aus der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zu investieren und in den Bausektor zu stecken. Das sind immerhin 1,5 bis 2 Milliarden Euro. Ebenso begrüße ich die Idee eines eigenen Bauministeriums, das Projekte schneller umsetzen könnte“ betonte er. Wichtig sei jetzt auch, die Förderlandschaft neu zu justieren und den Bürgerinnen und Bürgern wieder Planungssicherheit zu geben. Für ihn sei es unverständlich, dass die Bauwirtschaft, die wesentlich zur Binnenkonjunktur beiträgt, nicht stabilisiert werde. Schließlich stammen 17% der bundesdeutschen Steuereinnahmen aus der Bauwirtschaft.

Eine kurze Diskussion wurde von Andreas Demharter, dem Hauptgeschäftsführer der Bayerischen Baugewerbeverbände geleitet.

Vorträge zu nachhaltigem Bauen

Im Anschluss an die politischen Diskussionen fanden zwei Vorträge zur Nachhaltigkeit von Baumaterialien – Ziegel und Beton – statt. Alfred Emhee, Leiter Produktmanagement/Bauberatung bei Schlagmann Poroton GmbH & Co. KG sprach über Klimafreundliches Bauen mit Ziegel. Jürgen Schowalter, Leiter Qualität + Technik Märker Zement GmbH zeigte, dass nachhaltiges Bauen auch mit Beton möglich sei. Betrachtet werden darf nicht nur das reine Material, sondern der Lebenszyklus der Gebäude. In dieser Gesamtbetrachtung tun sich Holz, Ziegel und Beton nichts weg, so die einhellige Meinung der Experten.

(Text und Bild: Monika Treutler-Walle)

 

v.l.n.r.: Andreas Demharter (Geschäftsführer LBB), Jürgen Schowalter (Leiter Qualität + Technik, Märker Zement GmbH), Alfred Emhee (Leiter Produktmanagement/Bauberatung, Schlagmann Poroton GmbH & Co. KG), Johannes Stengel (Ziegelwerk Stengel), Markus Müller (Landrat Dillingen), Ulrich Lange (MdB), Wolfram Uhl (Obermeister Bauinnung Nordschwaben), Stefan Rößle (Landrat Donau-Ries), David Wittner (Oberbürgermeister Nördlingen) und Werner Luther (Kreishandwerksmeister Nordschwaben).